Freiheit

(Ein alter Mann hält einen Monolog mit seiner Katze. Beide sitzen auf einem Sofa. Mit der einen Hand streichelt er die Katze sanft)

Weißt du, was das ist, frei sein?

(Die Katze schnurrt)

Du weißt es vermutlich besser als ich. Machst dir wenigstens Keine Gedanken darum.

(Er steht auf, durchquert das Zimmer und bleibt an einer Wand vor einem großen Loch stehen, wodurch er auf die zerstörte Stadt unter ihm blickt. Aus der Ferne hört man eine Schießerei. Der alte Mann fasst sich an den Kopf und setzt sich wieder.)

Glaubst du, mann kann frei sein, solange man von allen Seiten überwacht und Kontrolliert wird? Kann man frei sein, wenn man von der Angst besessen ist, eines Tages nicht nach Hause zurückzukehren? Wenn man Angst haben muss, auf die Straße zu gehen? Was würde dann aus dir werden?

(Die Katze wendet sich ihrem Herren zu und zuckt aufmerksam mit den Ohren)

Weißt du, ich würde so gerne in ein fernes Land ziehen, in Sicherheit leben. Aber das hier ist meine Heimat. Ich kann sie nicht einfach loslassen, im Stich lassen. Außerdem ist es viel zu spät für mich.
Ich muss unabhängig werden. Solange ich von irgendetwas abhängig bin, werde ich niemals frei sein.
Kann man überhaupt ganz und gar frei sein? Dazu dürfte ich nicht mal mehr Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst verspüren. Um vollkommen frei zu sein müsste ich sterben. Solange ich ein Mensch bin, bin ich nicht frei. Habe ich unrecht?
Ach, ich sollte nicht so viel nachdenken, das macht mich zu melancholisch…

(Die Katze springt auf und verlässt den Raum. Kurz vorher dreht sie sich noch einmal um und die Blicke der beiden begegnen sich.)

Dich werde ich wohl nicht wieder sehen. Ich lasse dich gehen, aber nimm einen Teil von mir mit und trag ihn in die Freiheit.

(Nachdem die Katze den Raum verlässt sackt der Mann zusammen.)

Kommentare

  1. Von Clara am

    Ungewöhnliches Gespräch. Aber sehr interessante Gedanken mit Interpretationsfreiraum und sprachlich gut umgesetzt. Besonders das Ende gefällt mir gut!

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