Kein Abschied
(Ihre Hand presst sich an die Fensterscheibe des Zuges. Er steht hinter ihr und beobachtet sie.)
Sie: Ich frage mich wie es wird.
Er: Wie was wird?
Sie: Morgens aufzustehen und nichts wiederzuerkennen. Außer dich. Keine bekannten Gesichter um sich zu haben. Außer deins. Die neuen Gerüche nicht zuordnen zu können. Außer deinen. Nichts Vertrautes bei sich zu haben. Außer dich. Da ist nichts mehr, was zu mir gehört. Außer du.
(Er legt zögerlich eine Hand auf ihre Schulter. Sie dreht sich nicht um.)
Er: Wenn ich gewusst hätte, dass dir der Abschied unserer Heimat so schwer fällt, hätte ich dich nie dazu gebracht, mit mir zu kommen …
Sie: Du verstehst mich nicht. Aber ich wiederhole mich gerne noch einmal. Außer du.
Er: Ich kann dir nicht folgen.
(Sie wendet sich ihm lächelnd zu und lässt die Scheibe los.)
Sie: Begreifst du es denn nicht? Ich sehe das, was wir hier tun nicht als tragisch oder falsch an. Und ich nehme keineswegs Abschied von meiner Heimat. Denn das alles, diese Häuser, diese Menschen und ihre Beziehungen zu mir sind nicht meine Heimat. Außer du.
(Der Zug setzt an und verlässt den Bahnhof.)
Er: Und du bist die meine.