Tintenheimat

A: Komm endlich runter. Abendessen ist fertig!
B: *Ist in ein Buch vertieft*
A: Abendessen!
B: *liest weiter*
A: *reißt B das Buch aus der Hand, betrachtet den Titel, lässt es fallen und schnaubt abfällig* Wie kannst du nur so einen Schwachsinn lesen?
B: Das ist kein Schwachsinn, es ist Mittelerde.
A: Ach und eine erfundene Welt ist dir also wichtiger als Abendessen, als deine Familie? Was geben diese Bücher dir bloß, was wir dir nicht geben?
B: *unsicher* Du machst dich über mich lustig.
A: Nein, wirklich. Was findest du bloß an etwas Druckertinte?
B: Es ist nicht bloß Tinte! Es sind Emotionen! Es sind eigene Welten, Geschichten, die dich nie mehr loslassen. Die Welt kann auseinanderbrechen, aber in Hogwarts kannst du immer dich immer in den Gemeinschaftraum setzen und dich am prasselnden Feuer entspannen. Die Scheibenwelt zeigt dir was die Menschen sind, indem sie Trolle, Zwerge, Hexen und Werwölfe aus ihnen macht. Westeros bietet dir Intriegen, die dich stundenlang ablenken und schockieren können. Und egal was passiert, in Beutelsend gibt es immer um Punkt vier Uhr Tee. *senkt die Stimme* Bücher sind nicht bloß Druckertinte. Sie sind eine Heimat, die die Menschen sich selbst schaffen.
A: *starrt B ungläubig an* Eine Heimat? Es sind Erfindungen, Hirngespinste von Menschen, die nichts Besseres zu tun hatten. Es ist nicht real und wird nie real sein. Was ist das für eine Heimat? *lacht höhnisch und verlässt das Zimmer*
B: *hebt das Buch vom Boden auf, streicht vorsichtig den Einband glatt und flüstert* Eine bessere als diese.
* vertieft sich wieder in das Buch*

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