Zerrissen

Es regnet. An der große Scheibe laufen viele kleine Flüsse von aneinandergereihten Regentropfen entlang. Sie tauchen den Park dahinter in ein zu erahnendes Abbild aus verschwommenen Umrissen. Ein kleines Mädchen(M) hat ihren Blick nach draußen gerichtet. Ihre blassblauen Augen scheinen Eins mit dem Regen zu werden.
Sie sitzt auf der Bettkante ihres kranken Vaters(V).

V: ,,Wie war es heute in der Malgruppe? Hast du Anna getroffen?“

Er schaut seine Tochter von der Seite an und streicht ihr mit zittrigen Händen sanft übers Haar.

Das Mädchen hat sichtlich Mühe den Blick von der großen Scheibe abzuwenden. Als ihre Augen sich losreißen und ihren Vater anschauen, ziehen sich ihre Mundwinkel leicht nach oben.

M: ,,Ich habe ein Herz gezeichnet. Weißt du, eins das nicht auseinander fällt.“

Sie springt von der Bettkante und kramt ein ordentlich gefaltetes Stück Papier aus ihrem Rucksack.

M: ,,Hier, für dich. Wenn du es unter dein Kopfkissen legst…“

Mitten im Satz verstummt sie und schaut ihren Vater eindringlich an.

M: ,,Du kannst es doch gebrauchen, oder?“

Der Mann, der ihrem Vater kaum noch ähnlich sieht, lächelt sie an.

V: ,,Aber klar! Ich werde es unter mein Kopfkissen legen. Danke mein Schatz, es ist wundervoll.“

Ein Schweigen, das zum greifen nahe ist breitet sich in dem kleinen Zimmer des Krankenhauses aus und droht alles Leben darin zu erdrücken.

Bevor das Schweigen seiner Absicht tatsächlichen Ausdruck verleihen kann, lässt der Vater erschöpft seinen Kopf in sein Kissen falle. Er schließt die Augen. Die Behandlungen haben Spuren hinterlassen. Er wirkt erschöpft.

V: ,,Du solltest nach Hause gehen. Oma wartet bestimmt schon auf dich.“

Mit einem letzten Bemühen schießen seine Augen Bilder von seiner kleinen Tochter, die er zu verinnerlichen versucht.

V: ,,Ich liebe dich mein Schatz.“

M: ,,Ich dich auch, Papa!“

Sie gibt ihm einen Kuss und verschwindet in den verregneten Abend.

Zu Hause angekommen legt sie ihren Rucksack ab und isst mit ihrer Oma(O) zu Abend. Danach geht das Kleien Mädchen in sein Zimmer. Nachdem sie die Tür geöffnet hat wäre es Zeit einzutreten. Doch etwas hält sie davon ab.
Von unten ertönen Laute. Vorsichtig läuft sie zum Treppenabsatz und lauscht in die Dunkelheit.

Ein leises Schluchzen hallt hinauf.
Sofort eilt das kleine Mädchen die Treppen hinunter.
Ihre Oma sitze zusammengesackt auf einem Stuhl und sieht mit einem Mal noch viel älter aus.

M: ,,Warum weinst du?“

Die ältere Frau macht eine Geste, die andeutet, dass sich ihre Enkelin auf ihren Schoß setzten soll.

O: ,,Ich werde ganz ehrlich mit dir sein mein Liebes, auch wenn es mir schwerfällt. Ich habe die Benachrichtigung bekommen, dass das Herz von deinem Papa soeben aufgehört hat zu schlagen…“

Ein verständnisloser Ausdruck breitet sich auf dem Gesicht des Mädchens aus.

M: ,,Aber ich habe doch heute erst ein Herz gezeichnet, weißt du, eins, das nicht auseinander fällt!“

Tränen steigen in die blassblauen Augen des Kindes und lassen sie zu einem Meer aus glasklarem Wasser werden. Sie fängt an zu weinen. Hemmungslos. Schonungslos. Ein Weinen, dass Herzen zerreißen kann.

O: ,,Es ist jetzt wichtig, dass du an einem Ort bist, an den du schöne Erinnerungen hast. Wo du dich geborgen fühlst. In deinem Zuhause, deiner Heimat. Genauso wie damals, als deine Mutter weggezogen ist, nur das du dich daran nicht mehr erinnern kannst.“

Unter Tränen versucht die Oma des Mädchens ihr eine Stütze zu sein, sie daran zu erinnern, dass hier zu Hause ist.

Doch sie schüttelt bloß den Kopf. Immer und immer heftiger, bis ihre Oma sie an den Schultern packt und schreit.

M: ,,Du hast Unrecht, Oma. Ich habe zwar ein Zuhause, doch es ist kaputt. Es ist nicht mehr ganz, weißt du, es fehlt ein Stück.“

Sie schreit es förmlich aus sich hinaus. Dann wird sie wieder ganz still.

M:,, Ich will jetzt sofort nach Hause. Zu meinem Papa!“

Ihre Oma nickt stumm und zieht sich ihren dunkelroten Mantel über.

O: ,,Komm Liebes, lass uns gehen.“

Als die Beiden im Krankenhaus ankommen verständigt die Großmutter des Mädchens das Personal und bittet um einen letzten Wunsch.

Dieser wird ihr zwar gewähr, joch rät die Krankenschwester von solch einem Besuch ab. Sie ist der Meinung, dass es besser wäre die Betroffenen so in Erinnerung zu behalten, wie man sie zuletzt gesehen hat.

O: ,,Ich schätze ihre Besorgung sehr, trotzdem haben wir unsere Entscheidung bereits getroffen.“

Daraufhin stehen das kleine Mädchen und ihre Oma am Leichnam ihres geliebten Menschen.

Das Kind beugt sich vor und drückt seinem Vater einen Kuss auf die Stirn.

Erst jetzt ist ihr eine wichtige Erkenntnis klargeworden.

M: ,,Danke Papa. Danke, dass du immer ein Teil meines Zuhauses warst und immer blieben wirst. Solange bis mein Herz zerreißt.“

Kommentare

  1. Von Herma am

    Was soll daran ein Minidrama darstellen. DaS ist viel zu langgezogen und auch sehr langweilig geschrieben. Nächste Mal bitte spannend und kürzer. In der Kürze liegt die Würze.

  2. Von Clara am

    Das Minidrama ist zwar tatsächlich etwas lang (für ein Minidrama, da es an mehreren Orten spielt und verschiedene Situationen darstellt), trotzdem ist es eine wunderschöne Geschichte. Sehr lebendige und berührende Wortwahl und gute Ideen (das gemalte Herz hat mir sehr gut gefallen)! Ich könnte mir die Geschichte sehr gut als Kurzgeschichte vorstellen, da kommt dein schöner Schreibstil auch noch mehr zur Geltung.

Schreibe einen Kommentar