Zwei Brüder im Gespräch
A: (öffnet die Wohnungstür) Samuel? Nicht dein Ernst, was machst du hier? Und wie siehst du denn aus?
B: Ach, halt’s Maul. (tritt ein)
A: Wenn du so drauf bist kannst du auch gleich wieder gehen – ist das Blut?
B: Hast mal n‘ Bier oder so?
A: Nein. Zeig mal dein Gesicht. (packt ihn an der Schulter)
B: Lass mich.
A: Das sieht… ganz schön heftig aus.
B: (macht sich los)
A: Wann hört das endlich auf? Ist es das wirklich wert, sich Schläge für ein Mädchen einzufangen?
B: Du klingst wie Mama.
A: Weiß sie wo du bist?
B: Sie denkt ich penn diese Woche bei Maik.
A: Wann warst du das letzte Mal zuhause, Samu?
B: (wütend) Wann warst DU das letzte Mal zuhause? Du hast doch keine Ahnung was da abgeht…
A: Ich dachte Papa sei inzwischen…
B: Nein.
(Stille)
A: Du weißt, wenn du Hilfe brauchst…
B: Oh, fuck off. Was erwartest du denn noch? Ich mein, ich bin hier, oder nicht? Meinst du ich wäre hier, wenn wir deine Hilfe nicht bräuchten?
A: Keine Ahnung, du redest ja nicht mit mir.
B: Reicht es nicht, dass ich blute? Soll ich auch noch weinen und vor dir auf die Knie fallen?
A: Komm runter, Samuel. Erzähl doch einfach was passiert ist. Und wenn’s geht, dann bitte leiser, meine Nachbarn werden ungern um 4 Uhr nachts geweckt.
B: Weißt du was? Du kannst mich mal. (verlässt die Wohnung)
Kommentare
Sehr schön, mir gefällt das offene Ende und die Unmittelbarkeit, die ein Minidrama braucht.
Gefällt mir wirklich sehr gut! Dein Sprachstil ist so anders, so schön realistisch und du brauchst wenige Worte, aber trotzdem kommt so viel rüber und jeder hat noch Interpretationsmöglichkeiten (z.B. über den offenden Zustand des Vaters).
Mag ich wirklich sehr!
Die Beziehung der beiden Brüder wird beleuchtet und auch der Zustand des Vaters wird ein bisschen in den Mittelpunkt gerückt, aber nicht zu viel, was ich wirklich gut finde.
Weiter so!
Ich glaube, dir gelingt es als eine der wenigen Autorinnen/en hier einen nicht gekünstelt wirkenden Dialog mit einer ganz speziellen, realitätsnahen Authenzität auf die Beine zu stellen.
Und vor allem bietet es diesen Interpretations- und sogar Spekulationsspielraum, der das Stück nochmal interessanter macht.
Sehr gut.