Mehr als ein Stück Stoff

In der Mitte ein Junge, neben ihm ein Stuhl mit verschiedenen Kleidungsstücken. Seine Mutter, Vater, Großvater, Schwester und Lehrerin gehen in einem Kreis um ihn herum, abwechselnd bleiben sie vor ihm stehen, greifen ein Kleidungsstück von dem Stuhl und halten es ihm an. Der Junge lässt diese Prozedur stumm über sich ergehen und hängt jedes Kleidungsstück anschließend wieder über den Stuhl.

GROSSVATER: (hält ihm eine Latzhose an) Ein Junge wie du, der ist doch nur glücklich, wenn er was mit den Händen arbeiten kann. Als ich in deinem Alter war, war ich genauso.

MUTTER: (hält ihm ein Sakko an) Aus dir wird einmal ein Gentleman, mein Junge. Eine Dame muss man zuvorkommend behandeln.

SCHWESTER: (hält ihm ein Fußball-Trikot an) Ich weiß doch, wie ihr Jungs seid. Jeder Junge träumt davon, ein Fußballprofi zu werden.

VATER: (bindet ihm eine Krawatte um) Du hast mein Durchsetzungsvermögen geerbt. Vielleicht bringst du es wie ich zum Abteilungsleiter. Streng dich schön an, damit du mal eine Familie ernähren kannst.

LEHRERIN: (löst die Krawatte und drückt ihm eine Jogginghose in die Hand) Bei Jungs in dem Alter ist es doch immer dasselbe, sie sind frech, faul und tun nichts aus freien Stücken. Mädchen sind viel fleißiger und besser im Unterricht.

JUNGE: (wühlt durch die Klamotten und zieht schließlich ein Kleid hervor) Was ist mit…? (hält es sich an)

ALLE: (reden durcheinander auf ihn ein) Nichts für dich – ein echter Mann – für Mädchen – männlich – nicht normal – werden dich auslachen – oder willst du für schwul gehalten werden?

Der Junge lässt das Kleid auf den Boden fallen, drängt sich zwischen den anderen hindurch und rennt davon. Sie scheinen seine Abwesenheit nicht gleich zu bemerken und reden noch ein paar Sekunden durcheinander, bis sie plötzlich verstummen.