Das Haus, das anders war

(Szene wird in schwarz-weiß aufgenommen. Sie, Er, Junge und Mädchen gehen die Straße einer kleinen Ortschaft entlang.
Er trägt einen Anzug und sie ein langes Kleid. Junge und Mädchen sind dunkel gekleidet. Keiner von ihnen lächelt)

ER
Wann gehst du heute einkaufen? (sieht die ganze Zeit über nur geradeaus)

SIE
(hat den Blick gesenkt.) Es ist Mittwoch. Mittwochs gehe ich um 17 Uhr. Es ist Mittwoch, da gehen die wenigsten. Es dauert etwa 18 Minuten und um 17 Uhr 32 fange ich dann zu kochen an. Es ist früh. Es ist Mittwoch, da gehen die wenigsten.
Weil Mittwoch ist und da nicht so viele gehen, gehe ich um 17 Uhr und koche um 17 Uhr 32.

JUNGE & MÄDCHEN
(laufen schweigend hinter ihren Eltern her, sehen sich vorsichtig um)

ER
(starrt weiterhin gerade aus) Richtig, weil ja heute Mittwoch ist, da gehen nicht so viele.

MÄDCHEN
(kniet sich hin und bindet ihre Schnürsenkel)

JUNGE
(kniet ebenfalls nieder und wartet auf seine Schwester)

ER & SIE
(gehen weiter und ignorieren ihre Kinder)

JUNGE & MÄDCHEN
(stehen auf und sehen sich mit einem Blick an, der verlauten lässt, dass sie dasselbe denken. Halten nach ihren Eltern Ausschau, doch die sind um eine Ecke gebogen
und außer Sichtweite. Gehen absichtlich in eine andere Richtung und folgen der Straße zu einem Haus)

(Dieses Haus ist ebenfalls schwarz-weiß, sticht jedoch durch seine Bauform von den anderen Häusern hervor. An der geschlossenen Haustür lehnt eine Frau. Sie hat hochgesteckte Haare, trägt auffallende Kleidung. Ihre Arme sind verschränkt. Eine Tasche hängt um ihre Schultern. Lächelt den Kindern zu)

FRAU
Na, was macht ihr denn hier? Habt ihre eure Eltern verloren? (zieht die Augenbrauen in die Höhe und mustert die Kinder besorgt. Lächelt sie sie wieder warm an)

JUNGE & MÄDCHEN
(nähern sich vorsichtig der Frau, machen jedoch einige Meter vor ihr Halt. Sind unentschlossen)

FRAU
(sieht sie erwartungsvoll an)

MÄDCHEN
wohl eher anders herum (zupft an ihrem Kleid, sieht die Frau nicht direkt an)

FRAU
(nickt, als würde sie verstehen und betrachtet die beiden, die sie fassungslos anstarren) Gefällt euch mein Haus? (lächelt und zeigt ihre Zähne)

JUNGE & MÄDCHEN
(tauschen einen Blick)

JUNGE
(tritt vor) Es ist anders. War schon immer anders und Sie auch. (Er spricht monoton)

FRAU
(legt den Kopf schief, denkt kurz nach) Anders heißt nicht schlecht. Ihr dürft gerne hineinkommen und euch umsehen (will bereits die Haustür öffnen)

JUNGE & MÄDCHEN
(weichen hastig zurück) Das geht nicht! Das ist verboten! Zu Fremden zu gehen ist verboten! (sprechen gleichzeitig)

FRAU
(lässt die Hand sinken und sieht die beiden traurig an) Nun gut. Dann lasst euch doch wenigstens von der Frau, die schon seit Jahren in eurem Dorf wohnt etwas schenken. Immerhin hast du heute Geburtstag.(Wendet sich an das Mädchen)

MÄDCHEN
(starrt sie mit großen Augen an) Woher wissen Sie das?

FRAU
(zuckt die Achseln) Ich weiß es eben. Es ist so. (Greift in ihre Tasche und zieht etwas daraus hervor)

JUNGE & MÄDCHEN
(kommen neugierig näher, sehen sich dabei immer wieder an. Das Mädchen lächelt ganz kurz)

FRAU
(lächelt fröhlich und drückt dem Mädchen einen Malkasten und Pinsel in die Hand) Bitteschön. Für das Geburtstagskind.

JUNGE & MÄDCHEN
(betrachten beides aufgeregt und sind sprachlos, kennen keine bunten Farben)

SIE
(ruft sehr laut, aber nicht besorgt) Kinder, kommt! Ich suche euch seit 14 Minuten! Ihr solltet euch doch an den Zeitplan halten!

JUNGE & MÄDCHEN
(sehen sich hektisch an. Werfen der Frau einen letzten hoffnungsvollen Blick zu und rennen weg.)

FRAU
(betritt seufzend ihr Haus)

(Haus ist kurios und bunt eingerichtet. Szene ist jetzt farbig.)

FRAU
(streicht gedankenverloren über Innenseite ihrer Haustür. Dort hängt ein farbiges Bild von aneinandergereihten Häusern. Eines von ihnen ist nur mit Bleistift gezeichnet. Sie nimmt einen Farbstift zur Hand und malt das Haus dick und farbig nach. Mit einem sehnsuchtsvollen Blick mustert sie das Bild)

(Der Bildschirm wird schwarz)

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