Erwachsen

Ein JUNGE wacht auf. Er liegt auf einem Gehweg, als ein TIGER auf zwei Beinen an ihm vorbeiläuft.
TIGER: Was liegst du denn so hier rum?
JUNGE: Warum trägst du nen Anzug?
TIGER (als ob es selbstverständlich wäre): Weil ich zur Arbeit muss.
JUNGE (seufzt): Natürlich.
TIGER: Du hast gar nicht gefragt, was meine Arbeit ist.
JUNGE: Vielleicht arbeitest du als Metzger oder so.
TIGER (angewidert): Niemals, ich bin Vegetarier.
JUNGE: Natürlich. Also, als was arbeitest du?
TIGER: Ich arbeite für dich.
JUNGE (überrascht): Für mich? Als was, mein Diener?
TIGER (enttäuscht): Erkennst du mich denn wirklich nicht?
(er zieht ein rotes Halstuch aus seinem Hemdkragen hervor)
JUNGE: Tiggi? Bist du das?
TIGGI/TIGER (lächelt): Ja, ich bin’s.
JUNGE: Und was mache ich hier?
TIGGI/TIGER (traurig): Du bist hier, weil du all deine Fantasie verloren hast.
JUNGE (verwirrt): Meine… Fantasie, (leicht verärgert) so ein Quatsch aber auch! Ich will nach Hause.
TIGGI/TIGER (dramatisch): Und was willst du da machen? Spielsachen wegschmeißen? Nachrichten schauen? Videospiele spielen? Wann hast du das letzte Mal etwas Kreatives gemacht?
JUNGE (gleichgültig): Keine Ahnung. Ich bin 14, Zeit erwachsen zu werden.
TIGGI/TIGER (Tränen in den Augen): Seit drei Wochen bin ich unter deinem Bett. Warum willst du unbedingt erwachsen sein?
JUNGE (unschlüssig) Dann kann ich Auto fahren und Alkohol kaufen und alles selbst machen.
TIGGI/TIGER (erschüttert): Seit wann bedeutet dir das etwas?
JUNGE (beschämt): Ich will doch nur, dass man mich ernstnimmt.
TIGGI/TIGER: Ich nehme dich ernst!
JUNGE (auch Tränen in den Augen): Es tut mir leid. Wenn ich wieder daheim bin, hole ich dich unter meinem Bett hervor. Wir können ja zusammen Videospiele spielen.