Nur ein Spiel

(Neid, Glück, Wut und Frieden sitzen vor einer Weltkugel, neben ihnen liegen verschieden große Haufen aus kleinen, runden Kieselsteinen)
NEID (deutet anklagend auf Glück) Du gewinnst schon wieder! Das kann doch nicht angehen, dass du jedes Spiel gewinnst!
GLÜCK (lächelt milde) Neid, ich hab nur einfach gute Startbedingungen gehabt in diesem Land. Hier, guck mal: ideal zum Getreideanbau, nicht zu viele Berge und ein gemäßigtes Klima! (Es tippt auf einen Bereich in Mitteleuropa, der sich sofort vergrößert, man sieht, wie Menschen glücklich Getreide anbauen.)
NEID Das ist aber trotzdem nicht fair!
FRIEDEN (versucht Neid zu besänftigen) Neid, schau mal: wenn du jetzt in den Handel mit Holz investierst, kannst du richtig Gewinn machen!
NEID Ach, hör du auf mit deinen dummen Ratschlägen! Du musst dich ja nur um dieses kleine Volk am Nordpol kümmern, dass sich höchstens mit Robben anlegt!
FRIEDEN Und weißt du, woher das kommt? Ich hab nicht versucht, ein Wirtschaftsmonopol zu erlangen, sondern mich eher auf die Zufriedenheit meines Landes konzentriert.
WUT Ja, aber deine kleinen Leute da langweilen sich bestimmt! Die haben nix, um drüber zu streiten!
NEID (eingeschnappt) Aber dass du unbedingt die Diskussion erfinden musstest…
GLÜCK Ja, viele Leute sind durch Diskussionen sehr unglücklich geworden!
WUT Neid, der Wettbewerb war keine bessere Idee. Jetzt kloppen sich Leute um irgendein pokalförmiges Stück Altmetall!
GLÜCK Ach Leute, ist es nicht schön, wie gut es der Erde im Allgemeinen geht? Sollten wir nicht vielleicht auch ein bisschen netter zueinander sein und uns mit den Menschen freuen?
(Neid und Wut starren Glück ungläubig an)
FRIEDEN Ja, ihr beiden Streithähne, ihr wisst, ich bekomme von eurem Dauerclinch immer so fürchterliche Kopfschmerzen…
WUT Glück, komm mal von deiner rosa Wolke runter! Es gibt immer noch genug Leute, denen es nicht gut geht! Denk mal -nur so zum Beispiel- an Teile Afrikas!
FRIEDEN Okay, Glück , das mit der Wir-sind-alle-so-happy-und-allen-geht’s-gut-Nummer war jetzt vielleicht ein bisschen zu viel.
NEID Außerdem, denk mal dran: Not hat echt viel zu tun da unten. Deswegen kann er ja grad auch nicht mitspielen… (heimlich klaut er Steine von Glücks Kieselhaufen)
FRIEDEN Ähm, habt ihr eigentlich schon mal über Folgendes nachgedacht: Vielleicht finden es die Menschen gar nicht so toll, dass wir ihr Leben beeinflussen?!
WUT, GLÜCK, NEID Hä, was?
FRIEDEN (wirkt verlegen) Nun ja, eigentlich entscheiden wir, was mit ihnen passiert…
(Es donnert und aus dem Nichts erscheint eine Gestalt in einem sturmgrauen Kapuzenmantel)
FRIEDEN Schicksal! Wo kommst du denn her?
SCHICKSAL (wütend) Leute, Leute, wirklich! Endlich ist Frieden mal auf die richtige Idee gekommen! Die Menschen können auch ohne eure Herrschaft leben! Auch wenn das mittlerweile so tief verwurzelt ist, dass sie eure Namen für bestimmte Gefühle behalten werde – hört auf, mit der Bestimmung der Menschen herumzupfuschen! Die Welt mag für euch ein Spiel sein, und im Grunde ist sie auch eine durchgeknallte Idee der Götter, aber wisst ihr…manchmal gewinnt man am Ehesten, wenn man nichts tut. So wie ich, der die letzten drei Planetenspiele gewonnen hat! Habt ihr verstanden?
NEID (kleinlaut) Ja! Aber das ist unfair… (ein wütender Blick von Schicksal lässt ihn verstummen)
SCHICKSAL Ich wiederhole mich: HABT IHR DAS VERSTANDEN??? (Der letzte Satz donnert wie ein Gewitter)
(Glück nickt, Wut wirkt, als habe er protestieren wollen, sich das aber im letzten Moment anders überlegt)
FRIEDEN Schicksal, bitte reg dich doch nicht so auf. Wir können auch freundlich miteinander sprechen.
SCHICKSAL (wirkt kurz aus dem Konzept gebracht, dann aber wieder selbstsicher) Frieden, auch du hast die Menschen allzu sehr beinflusst. Hast du mich verstanden?
FRIEDEN (macht kurz ein säuerliches Gesicht, nickt dann aber)
SCHICKSAL Gut. (Fügt leise für sich selbst hinzu:) Dann gewinne ich ja wieder!