Eva und die andere Schlange (Anorexie)

“Eva” sitzt vor einem Teller mit einem Apfel. Der Hintergrund wird schwarz. Evas Miene verfinstert sich. Aus allen Ecken kommen dunkle Gestalten und kreisen um ihren Tisch.

Gestalt 1: “Was los, Eva? Wo sind deine Freunde?”
Gestalt 2: “Welche Freunde? Sie ist ganz allein. Wer wil denn schon mit jemanden wie ihr was tun?”
3: “Ja! So eine hässliche Fratze!”
2: “Quatsch! Es sind die inneren Werte worauf es ankommt. – Aber so viel scheint da ja auch nicht zu sein.”
3: “Dumm! Langweilig! Unfähig! Schwach! Egoistisch!”
1: “Sei nicht so gemein. Ich würde wohl eher sagen, dass da einfach nichts ist. Nichts, was sie ausmacht oder wertvoll macht. Als Mensch ein totaler Versager.”

Eva wird immer verzweifelter und wippt hin und her, atmet schwerer.

2: “Ein Nichts? Komisch. Ein Nichts sollte doch nichts fühlen können. Sie fühlt aber, oder oder oder?? Oder, Eva? Ist es nicht so? Du fühlst was.”
1: “Ich bin mir nicht sicher, ob man das Gefühl nennen kann. Ist Leere ein Gefühl?”
3: “Nichtsnutz! Nicht einmal fühlen kannst du!”

Eva packt sich am Kopf und schüttelt ihn.

1: “Sei nicht traurig, Eva. Sollen wir nicht etwas dagegen tun? Wie wäre es mit Sport? Oder einer Gesichts-OP?”
2: “Ich glaube da ist nichts mehr zu retten. Aber mir gefällt die Idee etwas mit dem Körper anzustellen. Wir sollten es aber langsam tun, sodass es niemand bemerkt. Niemand soll sich Sorgen machen, das haben die anderen nicht verdient.”
3: “Du bist es nicht wert, dass du Liebe erlangst!”
1: “Ach guckt mal, da ist ja die gute Dame.”

Gestalt 4 taucht auf. Sie streichelt Evas Kopf und umarmt sie von hinten zärtlich. Die anderen Gestalten stoppen in ihrer Bewegung und schauen zu. Eva wird ruhiger und lässt sich darauf ein.

Eva: “Ich habe Ängste und Liebe,
nicht alles passt da rein.
Deswegen dacht ich, ich vertriebe
all die zu vielen Gefühle mein.
Was da ist, geht nicht so gern.
Wo Leere ist, sind Gefühle nicht fern.
Das Gefäß hat ja noch Platz für Sachen,
dann muss ich wohl was gegen mein Gefäß machen.
Oh, ein Bedürfnis, das fällt mir ein,
brauch ich nicht unbedingt,
es ist nicht schwer und macht mich klein,
leiden ist gut, mein Herz kurz springt:
Wer braucht schon essen,
wenn dadurch der Schmerz vergessen?”
4: “Das ist der richtige Weg. Glaube an dein Ziel, behalte die Disziplin, dann hast du die Kontrolle über alles. Ich hab dich so gern. Wenn du tust, was ich sage, bleiben wir für immer Freunde.”

4 kommt an Evas Seite, kniet leicht und hält ihr Gesicht in beiden Händen fest.

4: “Eva, vertrau mir. Ich gehe nicht mehr weg. Jetzt sei nicht mehr traurig, wir regeln das zusammen.”

4 lässt ihr Gesicht los, steht auf und hält Eva ihre Hand hin.

4: “Komm und lass den Apfel liegen. Der steht dir im Weg. Er ist gefährlich. Komm wir gehen weit, weit weg von allem und jeden.”

Eva guckt ihr hoffnungsvoll, doch leer in die Augen und bewegt langsam ihre Hand Richtung 4s Hand.
Kurz vor einer Berührung klingelt ein Telefon und Eva erschreckt kurz.

Mailbox: “..piep.. Heey, Eva. Hier ist Adam. Du hör mal.. ich mach mir langsam Sorgen. Ich vermisse dich. Du bist zwar da, aber nicht mehr anwesend. Ich hab so das Gefühl.. ich verliere dich. Du wirkst nicht mehr lebendig. Ich stehe vor der Tür. Eva, die letzte Möglichkeit, die ich sehe, ist Handeln. Deswegen- ich handle und werde diese Tür gleich eintreten, wenn du mir nicht aufmachst und reinlässt! Oder ich ruf den Krankenwagen! Oh jaa, Eva, ich werde das tun! Ich zähle bis drei. Eins – zwei – ..piep..”

Mailbox Ende.

Ein lauter Krach und Adam stürzt rein. Eva erschreckt und die Gestalten zucken zusammen, außer 4. Sie guckt böse und ist auf ein Angriff gefasst. Adam erblickt Eva und umarmt sie im Sturm. Eva ist erst erstarrt, doch löst ihre Anspannung irgendwann und steht auf. Sie lässt sich in die Umarmung fallen und weint.

A: “Eva. Es wird alles gut. Ich bin da.”

Die Gestalten ziehen sich zurück. 4 auch, doch lacht hämmisch dabei.

4: “Wir sehen uns wieder, Eva. Und der Apfel.. iss ihn und du kommst in die Verdammnis. Ich werde wild.”

Eva löst sich kurz von Adam, nimmt den Apfel und wirft 4 damit ab. Trifft. 4 verkriecht sich.

A: “Was war das?”
E: “Mein Sieg.”

Ende.
Danke.

Kommentare

  1. Von M am

    WOW!

  2. Von B am

    Ich finde dein Drama so krass und stark geschrieben, die Bilder sind so wirkungsvoll!

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