In der Ecke

(In einer spärlich belichteten Küche sitzen drei Erwachsene über den Küchentisch gebeugt und unterhalten sich flüsternd.)

M: Er sitzt dann immer einfach nur da. Ich meine, es fällt schon niemandem mehr auf,
dass er im Raum ist, so still hält er.

V: Ich versuche ja immer, ihn dazu zu bringen, was mit seinen Freunden zu machen, aber wenn er antwortet, dann nur mit Schulterzucken oder „Mhm“. Was soll ich denn noch machen?

M: Naja, so ganz gesund kann das ja nicht sein, oder? Ich meine, so gar keine Reaktion? Da muss doch irgendwas falsch sein.

(Etwas klappert leicht. Die Erwachsenen schauen wie ertappt auf. Nach ein paar Sekunden drehen sie sich wieder zueinander.)

T: Wart ihr vielleicht mal beim Arzt?

V: Haben wir auch schon überlegt, aber der sagt nur, dass alles in Ordnung sein müsste und schickt uns an die nächste Praxis weiter, wo sie dann auch nicht wissen, was los ist.

M: Langsam weiß ich wirklich nicht weiter. Man muss doch irgendwas dagegen tun
können?

T: Wie auch immer, euch hilft es auch nicht, euch ewig nur Sorgen zu machen.
Versucht nochmal zu schlafen, ja?

M: Du hast ja recht. (Zu V) Komm, schaden kann es uns ja nicht.

T: Geht einfach, ich räume hier noch fertig auf. Gute Nacht, Träumt schön.

V: Du auch, danke.

(Während V und M gehen, räumt T den Tisch ab, stellt die benutzten Teller in die Spülmaschine und nimmt, nach einem Korken suchend, die Weinflasche vom Tisch. Als T sich umdreht, ist plötzlich ein Kind sichtbar. Es sitzt in der Ecke, Arme um die Beine geschlungen und Kopf in den Knien vergraben.)

T: Hey, wie lange bist du denn schon hier?

K: (schaut auf, schweigt aber)

T: In Ordnung, du musst nicht antworten. (Stellt Weinflasche ab, kniet sich vor K) Du
weißt, dass wir nur versuchen, uns um dich zu kümmern, nicht wahr?

K: (nickt)

T: Und du weißt auch, dass wir unser bestes geben, selbst wenn es nicht so aussieht?

K: (nickt)

T: Sehr gut. Du weißt auch, dass wir dich lieb haben?

K: (nickt)

T: Kannst du mir nen Gefallen tun? Vergiss das nie. Sag uns, wenn wir etwas falsch
machen aber vergiss nie, dass wir dich lieb haben.

(T überlegt, K zu umarmen, stoppt sich aber noch und küsst stattdessen K auf den Scheitel, geht nach oben schlafen)

K: (leise, wie zu sich selbst) Ich euch auch.

Kommentare

  1. Von M am

    ich wünschte ich hätte dir mehr Sterne gegeben.
    Hab falsch gedrückt.. Sehr schön und eindrücklich geschrieben. Mach weiter so!

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