Kakerleiden

(Ein dunkler Raum wird von einem düsteren Lichtkegel beleuchtet. Große Staubwolken schweben um die Gegend. Eine Kakerlake erscheint auf der Bühne und sucht verunsichert für etwas, sucht verunsichert für jemanden.)

K.: Hallo? Ist jemand da?

(Ein zweiter, stärkerer Lichtkegel fällt auf einen großen Pantoffel, der stolz und grandios, als wäre er ein Held, steht.)

P.: Oh, Kakerlake! Ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen-

K.: Und so sollte es auch sein! Wir können nicht zusammenbleiben, ich muss dich
verlassen. (traurig, hoffnungslos)

P.: Aber, ich liebe dich mit all meinem Wesen. Stärker als Narziss sein Spiegelbild liebte.
Für dich bin ich wie Romeo bereit alles zu tun. Allein der Tod könnte meine Liebe zu
dir nicht dämmen!

K.: Du verstehst mich nicht! Ich… ich darf nicht, ich kann dich nicht lieben. Also, nimm
deine Worte zurück, und gib sie der, die dir auf sie antworten wird.

P.: Kakerlake… (hoffnungsvoll, als seien sie alte Freunde, die über nichts redeten; kommt
etwas näher und versucht ihre Hand sanft zu ergreifen)

K.: Du hörst mir nicht zu, nein. Du hörst mich nicht. FASS MICH NICHT AN! (ruckt weg
vom Pantoffel, nimmt verteidigende Haltung ein)

P.: (schaut die Kakerlake jetzt strenger an; ein Gefühl von Enttäuschung steckt in seinem
Blick) Und dennoch, … Und dennoch kamst du hier und suchtest mich… Bin ich denn
so ekelhaft, Kakerlake?

K.: (schweigt. Schaut entsetzt durch den Raum, ins Publikum, und wendet ihren Blick
langsam auf die Pantoffel. Die kalten Tränen fließen ihr fast aus den Augen. Sie greift ihr Gesicht mit beiden Händen an in einem scheiternden Versuch es abzuziehen, damit das Blut und der Schmerz sie blenden und der Pantoffel verschwindet. Danach haltet sie es, wie eine Mutter, die das Kind tröstet.)

P.: Also, Kakerlake. Findest du mich abscheulich.

K.: (schüttelt langsam den Kopf)

P.: Du benimmst dich wie ein dummes Kind! Zuerst liebst du mich, dann liebst du mich
nicht, dann SCHREIST DU MICH AN. Bin ich für dich denn nur ein weiteres Spielzeug?

K.: Nein… entschuldige mich. Ich… hasse dich nicht.

P.: (dreht sich demonstrativ von der Kakerlake weg, ignoriert sie)

K.: Ich… ich liebe dich. (leise)

P.: (ignoriert sie immer noch)

K.: ICH LIEBE DICH.

P.: (ignoriert)

K.: (heulend und schreiend, als sei es ihre letzte Chance zu überleben) ICH LIEBE DICH.
ICH LIEBE DICH WIRKLICH. ICH WERDE DICH NICHT VERLASSEN, ICH VERSPRECHE ES!

P.: Und das merkst du dir, verstanden?

K.: Ja…

P.: Komm her. (freundlich; zieht sie in eine Umarmung auf eine Art, wie man ein kleines
Kind umarmt. Der Pantoffel ist größer, weshalb die Kakerlake keine Möglichkeit zu entfliehen bekommt. Er zerdrückt sie.)

K.: (erstickt, würgende Geräusche; aber sie wagt es nicht etwas zu sagen)

P.: Ist schon gut, ist schon gut (tröstet sie; geht nach einer Weile weg, stolz und still)

K.: (wiederholt „Ich liebe dich… Ich darf dich nicht verlassen…“ wie ein Mantra. Ihre
Körperstellung ist schlaff und unverändert. Mit einem leeren Blick schaut sie ins Publikum.)

(Die Staubwolken bedecken die Kakerlake langsam, bis sie ganz verschwindet.)

Fade in black

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