krokodil dialok

schweigendes voreinandersitzen.
blicke.
aneinander vorbei.
– ich
– ja?
– ich
– ich weiß.
– ich hab gestern ein krokodil gesehen. im zoo. ich dachte, es würde dich interessieren. du magst krokodile. und ich mag es zu sehen. also wäre doch dieses krokodilsehen ein zeichen, dass wir zusammenpassen. schon oft habe ich
– du
– habe ich darüber
– du
– darüber nachgedacht, ob wir nicht diesen weg hier
– diesen?
– naja, so allgemein. ob jetzt diesen oder überhaupt wege
– in der mehrzahl
– mehrzahl?
– mehr wege als nur diesen einen, oder nur diesen weg.
– wege allgemein
– allgemein?
– also ja, vielleicht auch diesen weg hier
– auch?
– und alle weiteren wege auch. also, ob wir die vielleicht zusammen gehen wollen. also diesen weg und auch die wege, die dann danach kommen. also zum beispiel an der nächsten kreuzung
– du
– da biegt dieser weg ja ab. und dann ist da noch ein zweiter weg und
– du
– da könnten wir uns ja entscheiden, ob wir den einen oder den anderen weg gehen, also zusammen
– du
– also zusammen hierhin oder dorthin
– du, ich muss nachhause.
– jetzt?
– ja, jetzt.
– wir gehen jetzt diesen weg nicht zusammen?
– naja, schon, aber eben in entgegengesetzte richtungen. du in diese und ich jetzt eben zurück. in die andere.
– kann ich nicht mit dir kommen?
– wär mir lieber wenn nicht. ich gehe ja jetzt nach hause und dein zuhause liegt ja in einer ganz anderen richtung.
– aber vielleicht wollte ich mit zu dir kommen. zu dir nachhause.
– das würdest du wollen?
– ja
– ich glaub, das würde sich komisch anfühlen. schließlich ist es mein zuhause und nicht dein zuhause. das wäre ja so, als würde ich sagen, ich gehe auf toilette und du sagst, du kämst mit.
– manche machen das so
– was?
– gemeinsam, also zu zweit, auf toilette gehen.
– das fände ich unangebracht.
– okay, dann warte ich eben.
– worauf?
– darauf, dass du wiederkommst.
– aber
– für gewöhnlich gehen die leute auf toilette und kommen dann danach wieder.
– aber ich gehe ja gar nicht auf toilette
– wirst du trotzdem wiederkommen?
– das kann ich jetzt noch nicht sagen. vielleicht. vielleicht werde ich wiederkommen. vielleicht werde ich eines tages auch nur zufällig, beiläufig hier vorbeikommen. vielleicht werde ich dich dann gar nicht mehr kennen, wenn du dann immer noch hier stehst. und wartest. vielleicht wirst auch du mich dann nicht mehr wiedererkennen. vermutlich werden wir jemand völlig anderes geworden sein. vermutlich sind wir ja schon bereits jetzt jemand völlig anderes, als wir uns vorstellen zu sein. wahrscheinlich werde ich nicht mehr zurückkommen. mit ziemlicher sicherheit werden wir uns hier nie mehr so begegnen, wie wir uns jetzt gerade gegenüberstehen. es kann gut sein, dass ich dich mit einem umwenden bereits vergessen haben werde. vermutlich habe ich bereits jetzt alles schon wieder vergessen. aber auch das kann ich doch jetzt noch nicht mit sicherheit sagen. ich kann nur sagen, dass ich jetzt nach hause gehen werde und dass es wohl besser wäre, wenn du nicht mit mir kommst.
– okay.
– okay.
– okay.
– okay..
– gut, ja, okay.
– okay?
– jaja, schon okay.
– sicher?
– darf ich dich küssen?
– würde ich eher nicht wollen.
– schade
– vielleicht sollte ich jetzt einfach
– darf ich dich umarmen? nur kurz. bitte.
– okay
– ja?
– ja, okay, nur kurz.
– danke. weißt du
– ja ich weiß.
– okay.
– ich hab auch ein krokodil gesehen.
– echt, wo?
– auf dem weg hierher. es war sehr klein und hatte riesige zähne. fast hätte ich es übersehen
– wie kann man ein krokodil übersehen?
– es war doch sehr klein
– und hatte riesige zähne. jaja, genau wie meines. also wie jenes, das ich im zoo gesehen hab.
– mit roten flecken auf der schnauze?
– jaja genau
– und langen stelzenartigen beinen?
– ja
– und einem atem, der an lakritzschnecken denken lässt?
– um ehrlich zu sein
– und einem blick, der sich auf einen niedersetzt wie die totenstarre, die einen im unschuldigen schlaf überrascht?
– ._.
– es steht direkt hinter dir. dreh dich nicht um. schließ die augen. küss mich. vielleicht geht es dann vorüber.

Kommentare

  1. Von Akira am

    Soll dieses „Dialok“ im Titel „Dialog“ heißen?
    Denn dann würde ich Ihnen empfehlen, erst mal Deutsch zu lernen, bevor Sie hier Minidramen schreiben…

  2. Von emmazing am

    Sehr starker und spannender Dialog (oder eher… Krokodialog? Dialok?). Besonders gefällt mir die Veränderung der beiden Figuren in diesem kurzen Drama. Je nach Interpretation und Auslegung gibt es einen spannenden Statuswechsel in dem Moment, in dem die eine Person die Möglichkeit hat zu gehen, dies aber nicht tut. Stattdessen bringt sie selbst das Gespräch wieder auf das Krokodil – ein starkes Symbol. Für (Un)Abhänigkeit? Verbotenes? Verborgene Bedürfnisse? Es geht um (emotionale) Abhängigkeit, Status und Consent. Sehr aktuell! Würde ich gerne auf der Bühne sehen!

  3. Von Jonas Hirner am

    Finde es sehr schade, wie in einem Kommentar herablassend über deinen Titel geschrieben wurde. Ich kann mir vorstellen, dass absichtlich ein Schreibfehler eingebaut wurde, in ähnlichem Stile, wie du oftmals auf Satzzeichen und Groß- und Kleinschreibung verzichtest. Selbst wenn es ein Fehler war, ändert das nichts daran, dass du ein wirklich tolles Minidrama geschrieben hast. Mir gefällt am Besten, dass dein Text einen eigenen Stil hat und sich damit von der Masse ein wenig abhebt. Wirklich schön!

  4. Von Nicolai am

    Lieber Jonas, vielen Dank für den schönen Kommentar!
    Tatsächlich ist das K im Dialog bewusst gesetzt mit Verweis auf die Sperrigkeit und das wiederholte Auftauchen des Krokodils und der darin befindlichen “K”s.

  5. Von Pie am

    Also ich würde jetzt hier mal meine Hände zu einem grossen Herz formen und sagen, dass mir der Krokolok sehr gefallen hat!

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