Meine Entscheidung

Ein Mädchen sitzt in gebückter Haltung an einem hölzernen Schreibtisch. Sie hat den Kopf in beide Hände gestützt und wenn ihre Augen nicht geschlossen wären, würde sie das Bild an der Wand vor ihr anstarren. Ihr blasses Gesicht wirkt, wie fast alles an ihr, viel älter als sie eigentlich ist. Ihre Miene ist ausdruckslos und völlig ruhig, aber in ihrem Inneren tobt die Verzweiflung. Denn dort findet ein erbitterter Kampf statt, zwischen dem Hüter des einfachen Weges und dem des richtigen…

Der Hüter des einfachen Weges: Warum sitzt du hier und bist traurig? Warum machst du dir Sorgen über Dinge, die dich gar nicht selbst betreffen?

Der Hüter des richtigen Weges: Du musst handeln! Es tut sonst niemand und es ist deine Pflicht, das zu tun, denn du wirst ansonsten niemals mit dieser Schuld leben können!

Der einfache Weg: Du hast dir tapfer erkämpft, was du nun hast. Willst du das alles wirklich wegwerfen? Für eine Person, die du eigentlich gar nicht richtig kennst?

Der richtige Weg: Was hättest du dir denn damals gewünscht? Hättest du nicht gewollt, dass man für dich tut, was du jetzt für ihn tun könntest?

Der einfache Weg: Ich sage es nochmals; Du setzt damit alles aufs Spiel, was du hast. Und was dort passiert, ist doch gar nicht so schlimm! Du weißt noch nicht einmal, was er selbst darüber denkt!

Der richtige Weg: Du hast selbst erlebt, wie das ist. Niemand versteht ihn besser als du. Deshalb hat niemand eine größere Pflicht zu handeln als du!

Der einfache Weg: Willst du denn unbedingt auffallen? Unbedingt anders sein? Niemand schert sich um diese Sache! Willst du schon wieder diese eine Einzige sein, die es doch tut?

So was Ähnliches wie ihr Gewissen: Du hast es nun gehört. Es ist einfacher und besser für dich selbst, wenn du nichts tust und aufhörst, dir darüber Gedanken zu machen. ABER WENN DU NICHTS TUST, VERRÄTST DU DAMIT NICHT NUR IHN, SONDERN AUCH DICH SELBST…

Das Mädchen steht mit einem Ruck auf.
Ihr jetzt fest entschlossenes Gesicht spiegelt sich schwach in dem Bild über ihrem Schreibtisch.
Sie sieht sich selbst fest in die Augen.

In diesem Moment hat sie sich selbst geschworen:
ES IST EINE ENTSCHEIDUNG ZWISCHEN DEM EINFACHEN WEG UND DEM RICHTIGEN.
UND ICH HABE MEINE ENTSCHEIDUNG GETROFFEN. UND SO WERDE ICH HANDELN.

Kommentare

  1. Von Fine Klick am

    Du hast es einfach drauf.

  2. Von Sofie M. Braulik am

    Danke, Fine! Du auch!

  3. Von Edme am

    Wow! Meiner Meinung nach das beste Minidrama des ganzen Wettbewerbs! Es zeigt so gut diesen inneren Konflikt, wenn du dich zwischen dem entscheiden musst, was bequem und einfach ist und dem, was moralisch richtig ist. Man kann sich die Situation des Mädchens sehr gut vorstellen und es ist toll geschrieben, sehr spannend, man will unbedingt wissen, wer „er“ ist und was das Mädchen erlebt hat, dass sie sich in einem solchen Konflikt befindet. Sprachlich auch sehr überzeugend, mit der Darstellung von quasi „Engelchen“ und „Teufelchen“. Hat auch eine wunderbare Message, also dass sie sich am Ende „entscheidet“. Du sagst es zwar nicht direkt, wie sie sich entschieden hat, aber es ist in meinen Augen sehr klar und das macht wirklich Mut, selbst auch so zu handeln! Viel Glück, ich hoffe, du gewinnst!!!

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