Die Früchte im Apfelbaum

(Großvater und Eva sitzen am Tisch und trinken zusammen ein Absackerchen)
Eva: Weißt du, das Haus, die Kinder, die Arbeit. Ständig klingelt mein Handy
(Auf ihrem Display leuchten vier neue Nachrichten aus der letzten Stunde)
Ständig will irgendjemand irgendwas von mir. Dabei sind meine To Do Listen voll und ich komm einfach zu gar nichts mehr.

Eva: Erst letzte Woche habe ich gedacht, komm, leg dich hin und lies mal wieder was Schönes, und was ist draus geworden? Nichts. Geht ja nicht, es ist ja immer so viel zu tun.

Eva: Und Adam ist mir auch keine Hilfe.

Eva: Alles bleibt immer an mir hängen.
(Eva schnieft und wischt sich über das Gesicht)
Eva: Fehlt sie dir?

Eva: Das Haus ist so still ohne sie.
(Großvater steht auf und verlässt ruhig aber bestimmt das Haus. Er geht in seinen Garten und stellt sich zu seinem Apfelbaum)
Großvater: Manchmal, da lege ich mich hier unter diesen Baum. Ich liege dann hier und spüre die kleinen Wurzeln unter meinem Rücken ranken und beobachte, wie die kleinen Früchte von Moment zu Moment größer werden, so, wie du damals auch.
Mein Herz schlägt dann leise unter den weiten Ästen des Apfelbaumes.
Ganz leise und da beginnt eine Musik zu spielen.
Eine Melodie der Zeit, in der alles tanzt, während zugleich alles dahingerafft wird.
Aufatmen und Ausatmen in einem Stück.
Wie die Äpfel fallen die Noten von den Schwingen
Und schreiben die ewigen Töne immerfort.
Eva: Opa, lass uns wieder rein und schlafen gehen. Es ist spät und du bist völlig neben dir.
Großvater: Nein, mein Engel, du bist neben dir, Du hörst gar nicht mehr richtig hin, so sehr lebst du schon in der nächsten Sekunde.
(Er legt sich langsam auf die Erde unter den Baum)
Großvater: Horch, mein Engel, und leg dich zu mir.
(Eva geht besorgt in die Hocke. Großvater ergreift ihren Unterarm. Leise ertönt Musik, getrieben von dem Ticken eines Metronoms. Die Musik spielt fort, über die Worte des Großvaters:)
Großvater: Die Zeit, sie spielt für uns. Unsere Leben sind ihre Noten. Wir erklingen und verstummen, denn alles hat seine Zeit.
(Er schließt die Augen)
Großvater: Hör ein wenig zu, Eva.
(Eva legt sich zögernd zu ihm unter den Baum. Alles wird dunkel, nur die Musik spielt noch. Schließlich macht sie eine kurze Pause, es erklingt ein seufzendes Ausatmen, dann spielt sie weiter. Als es wieder hell wird, liegt Eva alleine unter dem Baum und lauscht der Musik)

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