Bushaltestellenlachen

Er:
Ich mustere ihr schwarzes Lächeln, der weiße Pony wippt zu dem mir lautlosen Beat aus ihren Kopfhörern. Als sie still beginnt den Text mitzusprechen, erwarte ich fast Vampirzähne, stattdessen blitzt eine silberne Zahnspange auf. Alles an ihr ist schwarz. Von den abgetretenen Schnürstiefeln, zu der Netzstrumpfhose bis zu den weiß-schwarz geringelten Strümpfen, die sie über ihre Arme gestülpt hat. Ihre Haut ist bleich, ihre Fingerspitzen schimmern bläulich untre der ehemaligen Ferse des Strumpfes hervor. Ich will ihre Haut berühren, nur um zu schauen, ob sie klirren würde wie Glas. Schnell wende ich meinen Blick ab, als ihre Augen meine Richtung suchen. Kurz blitzen sie heugierig auf, als sich unsere Blicke ineinander verhaken. Das Türkis und Bernstein prallen aufeinander, der Tränenschleier vor ihrer Pupille lässt mich zurückzucken und meine Beine gleichzeitig einen Schritt in ihre Richtung gehen. Ich blinzele nicht, sie auch nicht. Still stehen wir beide da, als mein Bus schon wieder los fährt. Sie zupft an einer schwarz-weißen Strähne und ich nage an meiner Unterlippe. Soll ich das jetzt wirklich sagen?

Sie:
Seine Hose hat Löcher. Die sind riesig. So groß, dass sie bestimmt zwei ganze Tischlampen und eine überdurchschnittlich große Mingvase hineinpassen könnten. Ich frage mich, ob er sie so gekauft hat. Die Schlammverkrusteten Ränder sind fast nicht zu erkennen, neben der schokofarbenen Haut. Obwohl, wie Schokolade sieht sie nicht aus, eher wie ein Kaba, mit viel Milch. Seine Hände stecken in seiner Hosentasche und die Ellenbogen hat er leicht nach innen gebogen und durchgestreckt. Seinen Kopf versteckt er zwischen den Schulterpolstern der zu großen Jacke, sie leuchtet abstrus azurblau. Der Reis?verschlusszipfel baumelt verwahrlost am Kragen seiner Jacke. Ob er wohl kaputt ist? Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand freiwillig bei dieser Kälte mit offener Jacke rumläuft. Die dunklen Haare fallen ihm immer wieder in die hohe Stirn und er versucht sie vergebens aus den Augen zu streichen. Türkisfarbenen Augen. Unsere Blicke treffen sich. Eine Frage steht in dem Türkis. Ich weiß nicht, ob sie meine Armstrümpfe oder meine Tränen meint. Oder Beides. ZU keinem von beidem könnte ich eine Antwort geben.
Bei keinem weiß ich so genau woher sie kommen.
Ein Bus hält,
Wir schauen uns an,
Der Bus fährt wieder,
Keiner von uns schaut ihm hinterher.
Ich warte, dass er etwas sagt, zu den Tränen, zu den Strümpfen, so wie das jeder immer tut.
“DIe Nahverkehrsorganisation ist aber auch zum heulen”, sagt die zu helle Stimme für den zu großen Jungen.
Ohne es zu wollen, muss ich lächeln.
ER lächelt zurück.
Bevor ich es aufhalten kann, entweicht ein Glucksen meiner Kehle.
DAs bringt ihn zum Lachen.
Wir stehen einfach nur da
Lachen uns an.
wir beide wissen nicht wieso.
Wir kenne uns nicht.
Trotzdem reicht das kurze Lachen.
Der Kleine Kommentar.
Der Hauch von Freiheit
Es reicht
für uns beide.

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