Maske

“Wer warst du, bevor alle dir gesagt haben, wie du zu sein hast?”, hallen seine Worte zu mir über die verregnete Straße. Er steht direkt unter der Straßenlaterne. Seine Klamotten sind pitschnass. Ich habe ihm gesagt, er braucht nicht bei mir bleiben. Und trotzdem ist er geblieben. Er hat mich nicht alleine gelassen. Dafür kennt er mich viel zu gut. Er weiß, was ich machen würde, wenn ich alleine wäre.
“Ich weiß es nicht”, antworte ich rufend.
“Du weißt es ganz genau.”
“Nein, weiß ich nicht.”
“Du weißt es. Tief in dir drin. Hast es nur versteckt, denn du willst es nicht sehen, weil du dich so sehr danach sehnst.”
“Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst”, sage ich, weil ich weiß, dass er sowieso nicht nachgeben wird.
“Ja, will ich.”
“Ich war frei”, zittere ich,
“Frei von dem Druck, alles perfekt machen zu müssen. Perfekt sein zu müssen. Es allen Recht machen zu müssen. Frei davon, sein zu müssen, wie sie es wollen. So, wie sie mich mögen. So, wie sie etwas mit mir zu tun haben wollen.
Ich war ich. Ich war glücklich. Einfach nur so, wie ich sein wollte. So, wie ich mir selbst gefallen habe.
Ist es denn zu viel verlangt, frei sein zu wollen? Ist es zu viel verlangt, seine Maske absetzen zu wollen und einfach nur so sein zu wollen, wie man wirklich ist? Ich will endlich wieder frei sein. Ich kann dieses Spiel nicht länger spielen.”
Mittlerweile bin ich schon am Schreien. Laut und verzweifelt. So, als würde ich dadurch wieder Kraft bekommen. So als, könnte ich dadurch weiterspielen. Aber auch so, als würde es mir meine Freiheit zurückgeben. Obwohl ich weiß, dass nur ich das kann.
Tränen laufen mir über das Gesicht und mir ist eiskalt. Ich kann das Alles nicht mehr. Meine Maske droht mich zu ersticken.
“Dann sei doch einfach, wie du sein willst. Mach, was du machen willst. Du kannst frei sein, ich bin bei dir. Ganz egal, was die anderen von dir halten, am Ende zählst doch nur du. Ich will, dass du frei bist. Zusammen können wir frei sein. Wir schaffen alles.”
Er läuft auf mich zu und schließt mich fest in die Arme. So stehen wir eine Weile da, Arm in Arm, unter einer Straßenlaterne und der Regen prasselt nur so auf uns herab. Ich weiß nicht, wie es weitergehen wird, aber jetzt gerade zählt nur das. Jetzt gerade zählt nur dieser Moment und ich fühle mich frei. Erlöst von der Maske.

Kommentare

  1. Von Ilona am

    Beautiful story. Congratulations Albert

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