Sich Selbst Zu Sein

Das winzige Boot schwankte. Ich schrie auf. Salzwasser brannte in meinen Augen. Ob von den Tränen der Furcht oder wegen des Meereswassers, das sich wie schwarze Tinte kilometerweit ausstreckte, konnte ich nicht sagen.
Zwei hatten wir schon verloren. Zwei wurden schon von den Tiefen des Wassers verschlungen. Obwohl sie nur eins gewollt hatten.
Und ich war mir nicht sicher, wie wir, die Restlichen auf diesem vollgepackten Boot, sie erreichen würde.
Denn um uns herum war nur das unheilvoll schimmernde Meer, das sich bis hinter den Horizont erstreckte.

„Land!“ Ich schreckte hoch. Die glühende Sonne brannte immer noch auf das schwarze Tuch auf meinem Kopf.
Konnte es wirklich wahr sein? Hatte ich es endlich fast geschafft? Die Masse auf dem Boot geriet in Bewegung. Alle wollten die rettende Küste sehen. Doch wir hätten lieber stillhalten sollen…
Jemand schrie. Es war ein Schrei, der sich tief in mein Bewusstsein bohrte, für immer in meinen Erinnerungen Spuren hinterließ. Es war der Schrei des Todes.
Panisch versuchten wir ihm einen der wenigen Rettungsringe zu reichen, doch es war schon zu spät.
Mit langen Fingern zog der Tod ihn auf den Meeresgrund.
Er war so nah am Ziel gewesen, aber er würde sie trotzdem nie haben können. Mit frischen Tränen in den Augen ließ ich mich auf den Boden sinken.
Wüde ich es schaffen?

Fester Boden. Vollkommen überwältigt fiel ich auf die Knie. Vorsichtig löste ich mein Kopftuch. Den Stoff, von dem ich mich immer gefragt habe, wie es wäre, ihn nicht zu tragen.
Luft. Frische Luft!
Das ist sie also, die Freiheit. Sie ist nicht gut oder böse, hat keine Farbe, kein Geruch, kein Geschmack. Sie ist einfach… sich selbst.
Und doch ist sie so schwer zu bekommen, das Viele ihr Leben dafür aufs Spiel setzen. Oder sogar Opfern müssen.
Langsam stand ich auf. Zögerlich setzte ich einen Fuß vor den anderen. Meine Schritte wurden schneller, immer schneller. Der Wind tanzte durch meine Haare, die Sonne schien auf mein blasses Gesicht.
Ich rannte den Weg entlang, in die Zukunft. Den Weg der Freiheit. Den Weg, zu meinem wahren Ich.
Denn das ist die Freiheit: Sich selbst zu sein.

Kommentare

  1. Von E am

    Super gemacht, Sunday!
    Sehr spannend und fesselnd! Man fiebert richtig mit dir mit!

  2. Von Xy am

    Ich finde deine Geschichte sehr spannend!

  3. Von Anonymous am

    Deine Geschichte ist sehr spannend und schön geschrieben! Super!

  4. Von Sophie am

    Super schöne, authentische Geschichte! I

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